Das Kreuz auf dem EverestI. Anfang 1953, als die britische Everest-Expedition mit dem erfahrenen Bergsteiger Edmund Hillary nach Indien aufbrach, sandteich dem Expeditionsleiter John Hunt ein kleines Kreuz mit der Bitte, es an der höchsten Stelle abzulegen. Ich war ihm nie persönlich begegnet, glaubte aber, dass er zustimmen würde.
II. Das Kreuz stammte von Papst Pius XII. Kurz nach dem Einmarsch der alliierten Truppen in Rom hatte mein Vater in einer Audienz beim Papst je einen Rosenkranz für jedes Familienmitglied erhalten. Hunt schrieb mir bald:
III. „Ihr Brief hat mich sehr bewegt. Ich glaube wie Sie, ... dieses Unternehmen einer tieferen Inspiration folgt, als die meisten von uns offen zugeben. Es wird uns eine Ehre sein, Ihr Kreuz zum höchsten Punkt hinaufzutragen, den wir erreichen können, ja, vielleicht sogar zum Gipfel selbst.“
IV. Der Hauptaufstieg zum Gipfel begann am 27. Mai. John Hunt, der drei Tage auf einer Höhe von 7986 Metern verbracht hatte, war total erschöpft und ließ sich schließlich zum Abstieg überreden. Vor seinem Aufbruch führte er ein kurzes Gespräch mit Hillary. Hillary beschreibt es in seinem Buch „Ich stand auf dem Everest“ so:
V. „Während John seine paar Sachen zusammen suchte, redeten wir miteinander. Er sprach von seiner tiefen Überzeugung, dass es unsere Pflicht ist, den Berg zu bezwingen. Dass so viele Tausende von Menschen ihren Glauben und ihre Hoffnungen auf uns gesetzt haben, die wir nicht enttäuschen dürfen. Also, Ed, Hauptsache, wir kommen sicher wieder runter. Aber ich weiß, Sie werden den Gipfel schaffen!' In verlegener Manier gab er mir einen kleinen Umschlags und fragte mich, ob ich den da ganz oben ablegen kann. Ich öffnete das Kuvert und fand darin ein kleines weißes Kreuz. Das entsprach so sehr Jons idealistischer Natur. Ich steckte es in die Tasche meiner Windjacke.“
VI. Zwei Tage später, am 29. Mai um 11.30 Uhr vormittags, erreichten Hillary und der Sherpa Tenzing Norgay den Gipfel. Hillary erinnerte sich: „Wir schüttelten einander die Hände, und dann legte mir Tenzing die Arme um die Schultern, und wir klopften einander auf den Rücken, bis wir kaum noch Luft kriegten. Dann machte Tenzing ein Loch in den Schnee und legte Proviant hinein – Kleinigkeiten, und doch zumindest ein symbolisches Opfer für die Götter. Auch ich machte ein Loch in den Schnee und legte das Kreuz zu Tenzings Gaben.“
VII. So brachten bei der Erstersteigung des höchsten Berges der Erde Tenzing und Hillary – Repräsentanten von Osten und Westen – ihre Dankesgaben dar.